Ja, es ist entsetzlich. Es ist tragisch. Traurig. Menschen sind gestorben. Haben Familien, Frauen, Männer, Kinder hinterlassen. Weshalb Welten zerstört wurden. Und nur weil es Fanatiker gibt, die glauben, eine Welt nach ihrem Glauben respektive dem, was sie dafür halten, schaffen zu können. Doch vielleicht sind hier und in diesem Zusammenhang wieder einmal ein paar Fragen erlaubt. Fragen übrigens, die nichts relativieren wollen, nichts erklären können. Und die schon absolut gar nichts entschuldigen können, sollen oder wollen.
Wer es noch nicht gemerkt hat, wir sprechen hier wieder einmal von Terror-Anschlägen. Von den Terroranschlägen in Tunesien, Frankreich und Kuweit. Und davon, dass jetzt wieder alle Welt geschockt ist, voller Trauer, fassungslos. Was natürlich durchaus gerechtfertigt ist. Aber, zumindest wenn man davon ausgeht, dass die Ursachen für diesen Terror in der Vergangenheit liegen und sich nicht zufällig ergeben haben, stellt sich doch die Frage, warum sich nicht schon damals, als der Grundstein für diese Entwicklung gelegt wurde, jemand angesprochen gefühlt hat.
Es stellt sich außerdem die Frage, ob diese Terroranschläge nicht vielleicht deshalb so schockieren und fassungslos machen, weil sie durch Berichterstattung und das räumliche „näherkommen“ uns plötzlich so nahe gehen? Weil jetzt Dschihad-Kämpfer auch auf die Idee kommen, wieder in ihre Heimat zurück zu kehren. Und diese Heimat Deutschland ist. Denn schließlich ist menschliche Grausamkeit keine Erfindung der Moderne und des 21. Jahrhunderts.
Schließlich gab es zum Beispiel die Roten Khmer, den Vietnam-Krieg, den Völkermord an Albanern, den Holocaust. In jüngerer Vergangenheit den Irak-Krieg und danach die fast täglichen Selbstmordattentate mit tausenden Toten im Irak. Und, und, und. Und vielleicht sollte man auch nicht den aktuellen Drogen-Krieg in Mexiko oder auch in Kolumbien mit seinen Tausenden Toten, Vergewaltigungen und Folteropfern vergessen, der ja nun auch schon seit Jahren bekannt aber wenig in den Schlagzeilen ist.
Doch der ist, Gott sei Dank, weit weg. Von dem erfahren wir nur, wenn gerade einmal Eltern von Opfern versuchen, ein klein wenig Gerechtigkeit zu bekommen. Das kommt gut im Fernsehen. Es könnte natürlich sein, dass dieses Desinteresse vielleicht daher rührt, dass Mexiko und Kolumbien nicht gerade die bevorzugten Ziele deutscher Urlauber sind. Und auch die deutsche Industrie in diesen Ländern nicht besonders involviert ist.
Vielleicht wäre es gerade jetzt an der Zeit, Empathie nicht in Worten verpuffen zu lassen? Wir wussten noch nie so viel über die Ungerechtigkeiten auf dieser Welt wie jetzt. Noch nie wurde uns die Grausamkeit, zu der Menschen fähig sind, so deutlich und in Bildern vor Augen geführt, wie im Zeitalter von Internet und globaler Berichterstattung. Also wäre das vielleicht eine gute Ausgangslage, zumindest einmal über Möglichkeiten nachzudenken, ob man nicht auch agieren und nicht nur fassungslos reagieren könnte? Wenn es mal wieder passiert ist.
Allerdings sollte man sich über die Konsequenzen im Klaren sein. Das könnte nämlich bedeuten, dass wir uns nicht mehr wohlig in unsere Daunenfedernkissen sinken lassen können, wenn wir das TV-Gerät ausgeschaltet haben. Dass wir vielleicht sogar auf manches verzichten müssen. Dass es mit einer Kerze im Gedenken an die Opfer nicht getan ist. Dass ein hartes Stück Arbeit auf uns zukommen würde. Vielleicht sogar Auseinandersetzungen. Es auf jeden Fall sehr anstrengend werden würde. Und da stellt sich dann die Frage: Wollen wir das denn überhaupt?