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Fürs Leben lernen

Lern was Anständiges. Haben sie damals immer gesagt. Wenn ein junger Mensch auch nur andeutete, dass er vielleicht gerne Schauspieler werden würde, Musiker, Bühnenbildner. Oder – schlimmster Fall – Schriftsteller. Was waren das für kluge Leute. Und vor allem so weitsichtig. Ja, geradezu hellseherisch. Sie haben so recht gehabt.

Denn Kultur ist was wunderbares. Dieses ganze Zeug. Also Literatur, Kino, Theater, Malerei, Skulpturen. Auch wenn man meistens nicht weiß, was einem da jemand sagen will. Mal abgesehen von Pornos und Action-Filmen. Doch erst wenn es zu einer Pandemie gekommen ist, erfährt man wirklich, welchen Stellenwert die „Kultur“ für einen Staat hat.

Erstens ist sie nicht systemrelevant. Und da kann ja ein Staat nichts dafür. Das wurde halt einfach so festgelegt. Weshalb dann erst einmal Airlines, Autohersteller, Möbelhäuser, Fußballvereine und andere systemrelevante Konzerne und Betriebe gerettet werden müssen. Denn so lange Filme gestreamt werden können, ist ja auch irgendwie für Kultur gesorgt. Und außerdem sind die meisten Künstlerinnen und Künstler sowieso gewohnt, am Existenzminimum zu leben.

Reicht doch völlig, wenn demnächst mal wieder ein paar Kultur-Preise per Video-Konferenz vergeben werden. Da wei0 die Welt da draußen, dass wir immer noch das Volk der Dichter und Denker sind. Weshalb wochenlang Theater, Konzertsäle, Clubs, Kinos, Galerien und Museen einfach mal geschlossen werden konnten, ohne dass sich jemand großartig was dabei gedacht zu haben scheint. Mit Ausnahme von Kulturstaatsministerin Grütters. Sie will für Künstler Anträge auf Hilfeleistungen etwas einfacher gestalten.

Youtube-Stars

Man muss vielleicht nicht alles und jeden kennen. Aber mitunter ist es durchaus einmal aufschlussreich, wenn man sich mit etwas oder jemandem beschäftigt, obwohl es einen überhaupt nicht interessiert. Zum Beispiel mit den Lochis. Geboren im Internet, als Zwillinge. Die Lochis sind Youtube-Stars. Was in unseren Zeiten nicht unbedingt bedeutet, dass man eine herausragende Leistung vollbringen muss. Oder besondere Begabungen hätte. Es genügt vollkommen, viele Follower zu haben. Was im Fall der Lochis bedeutet, dass am 6.6. diesen Jahres 2.376.510 Menschen Abonnenten ihres Youtube-Kanals waren.

Um Irrtümern vorzubeugen, sie nennen sich übrigens wirklich so. Und behaupten außerdem, dass sie „Musiker, Schauspieler, Entertainer, YouTuber“ und mehr wären. Wovon man sich dann anhand ihrer meist drei-minütigen Videos überzeugen kann, in denen sie Tipps geben, wie man als Schüler Geld verdient oder den richtigen Job findet. Oder Unterschiede zwischen Boys und Girls aufdecken. Besonders schlimm wird es allerdings, wenn sie singen. Doch nach dem Genuss von gefühlten 2000 Videos hat man sich zumindest resignativ damit abgefunden, dass die Lochis lustig sein wollen. Auf jeden Fall aber sind sie repräsentativ für ein Fakt. Dass nämlich nicht unbedingt besonderes Können notwendig ist, um im Internet zum Star zu werden.

Es genügt vollkommen, etwas zu präsentieren, mit dem sich möglichst viele identifizieren können. Wenn man bösartig wäre, könnte man auch sagen, dass es vollkommen genügt, das Niveau einer breiten Masse zu erreichen, um massenhaften Zuspruch im Internet zu finden. Selbst wer kein Freund von allzu viel Regulierung ist, bedauert nach einem Video mit den Lochis auf jeden Fall von ganzem Herzen, dass Begriffe wie Musiker, Schauspieler oder Entertainer nicht geschützt sind. Andererseits würden sich ihre Videos hervorragend für einen Intelligenz-Test eignen. Maßstab wäre der Grad der Begeisterung der jeweiligen Betrachterin beziehungsweise des jeweiligen Betrachters.