Manchmal ist es einfach besser, ein bisschen Abstand zu nehmen. Damit sich die eine oder andere Aufregung legen kann, manches Bild nicht mehr ganz so grell daherkommt. Jedenfalls liegen jetzt diese zwei Feste von geradezu mystischer Bedeutung weit genug hinter uns, um ein kleines Resümee zu ziehen. Was sie verbindet, das ist übrigens vor allem die Tatsache, dass sie uns in einem Maße auch mit Menschen in Verbindung bringt, denen wir im restlichen Jahr im besten Falle galant und mit manchem side-step eher etwas aus dem Wege gehen. Uns aber bisweilen dank dieser Festtage vor eine sehr harte Probe stellt.
Sagen wir es doch in aller Offenheit: Weihnachten und Silvester sind Ausnahmesituationen, die, wenn überhaupt, vor allem deswegen gemeistert werden können, weil ihr Ende absehbar und außerdem ein Jahr der Erholung vorgegeben ist. Was dann passiert, wenn ein Ausnahmezustand länger andauert oder sogar scheinbar unbefristet anhalten könnte, das lässt sich allerdings nicht nur im Mikrokosmos familiärer Bande nachvollziehen sondern derzeit auch im großen Teil eines Kontinents.
Es ist ihr nicht gut bekommen, dieser Europäischen Union, was sich in den letzten Monaten ereignet hat. Auch wenn es sich schon sehr viel länger angekündigt hatte. Jedenfalls ist der Familienfrieden ernsthaft gestört. Diese Union bietet derzeit ein Bild, als hätte sie über Monate, wenn nicht sogar über Jahre hinweg Weihnachten und Silvester gefeiert. Und darüber hinaus sind im vergangenen Jahr auch noch Gäste gekommen, die gar nicht eingeladen waren. Fast nicht weiter verwunderlich, dass sich nicht wenige nach etwas Abstand sehnen, endlich einmal wieder etwas ganz für sich alleine machen wollen.
Die Scheidungsanwälte sind zumindest schon eingeschaltet. Die Slowakei verklagt die EU. Die EU will gegebenenfalls Polen verklagen. Und England denkt angestrengt darüber nach, am besten doch gleich auszuziehen. Weshalb sich dringend die Frage stellt, ob es denn überhaupt Familientherapeuten für Staatenverbünde gibt. Oder ob das einfach nur bedeutet, dass nächstes Weihnachten und Silvester im Euro-Land in ganz neuen Konstellationen gefeiert wird.
Doch nachdem der gute Vorsatz für das Neue Jahr lautete, den Akzent an dieser Stelle mehr auf positive Sichtweisen zu setzen: Eine Scheidung ist ja immer auch ein Neuanfang. Entweder für neue Partnerschaften. Oder vielleicht ja auch einfach nur für eine lange Zeit des allein seins. Vielleicht ziehen ja Herr Seehofer und Herr Cameron zusammen. Nur mit dem derzeitigen Polen möchte ich auf gar keinen Fall Weihnachten feiern. Da pfeife ich dann sogar auf den Klimawandel und fliege für die Weihnachtstage auf Ibiza.