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Jahresende

Manchmal frage ich mich, was wir hier eigentlich machen. Denn wenn man sich die Sache einmal aufmerksam anschaut, dann ist der Großteil der Bevölkerung gar nicht so blöd. Setzen wir mal voraus, dass Menschen bei Umfragen hin und wieder wirklich sagen, was sie denken. Jedenfalls hat diese überwiegende Mehrheit hierzulande nicht die schlechtesten Ideen.

Die erstaunlicherweise oft wenig kongruent sind mit denen der Politikerinnen und Politiker. Glyphosat zum Beispiel. Weg damit, sagt die Mehrheit. Massentierhaltung. Muss nicht sein. Dieselskandal. Warum zahlen nicht die Hersteller? Pflegepersonal. Gebt ihnen doch das, was sie verdienen. Nämlich mehr. Und erstaunlicherweise gäbe es sogar eine Mehrheit für gesetzliche Maßnahmen gegen das anfixen von Kindern und Erwachsenen mit Zucker. Obwohl die Grünen nun wirklich noch keine Volkspartei sind.

Trotzdem sprachen sich Anfang des Jahres sogar mehr als 50 Prozent für eine Festlegung von Höchstmengen für Zucker, Fett und Salz in Lebensmitteln aus. Und fast 70 Prozent dafür, dass Werbung nicht mehr auf Kinder ausgerichtet ist. Und was ist passiert? Nichts! Alle beteiligten Hersteller machen immer noch, was sie wollen. Auch auf Kosten unserer aller Gesundheit. Weil eben Politikerinnen und Politiker auch nichts machen.

Müssen sie andererseits ja auch nicht. Weil wir, das Volk, auch nichts machen. Außer uns über zu viel Zucker, zu viel Feinstaub, zu viel Scheiße auf den Feldern oder über beschissene Verhältnisse in der Pflege und auf dem kranken Gesundheitssektor aufzuregen. Fazit: Wahrscheinlich will diese Mehrheit gar nicht, dass sich etwas ändert. Weil sie sich dann ja nicht mehr aufregen könnte.

Staubsauger im Zweierpack

Gerne wird ja behauptet, dass wir Internet-Nutzer in der Hand von Google, Facebook und Co. wären, und all ihren Ablegern und Konkurrenten. Dass sie bestimmen würden, was wichtig wäre, was interessant ist, was wir schon immer wissen wollten. Weil es auf den Seiten ganz oben erscheint, als erstes gezeigt wird. Alles andere „unter ferner liefen“ läuft.
Experten, also Menschen, die mit der Materie vertraut sind, oder zumindest behaupten, damit vertraut zu sein, sagen hingegen, dass Google und Co. das Heft längste aus der Hand gegeben hätten. Nämlich an die Algorithmen. Die darauf geeicht sind, vor allem das zu bevorzugen, von dem sie annehmen, dass es ganz besonders potentielle Werbekunden frohlocken lässt. Dass da auch schon mal extremes Gedankengut oder pornografisches dazwischen rutschen kann, erscheint plausibel, auch da gibt es schließlich eine Klientel.
Und so lautet der Vorwurf, dass die Konzerne inzwischen schon gar nicht mehr der Künstlichen Intelligenz diktieren könnten, was gezeigt wird. Selbst wenn sie wollten. Was mir wirklich gefährlich erscheint, nachdem diese Künstliche Intelligenz auch ganz schön blöd sein kann. Wie sonst käme sie auf die Idee, dass ich mir sofort einen zweiten Staubsauger kaufen möchte, wenn ich mir gerade einen Staubsauger gekauft habe.

Ungleichbehandlung

Wahrscheinlich hat es ja schon die eine oder der andere mitbekommen und ist ähnlich wütend wie ich. Derzeit bietet nämlich ein sehr bekanntes schwedisches Möbelhaus in einem Katalog ein Kinderbett an. Zu einem akzeptablen Preis, der sich allerdings in einem ganz bestimmten Fall noch mal durchaus drastisch reduziert. Davon einmal abgesehen, dass das preisreduzierte Angebot erst einmal nur für Schweden gilt, kommt es allerdings nur zum Tragen, wenn eine gravierende Voraussetzung erfüllt ist. Oder wie es laut Presseberichten in einem Werbespot auf Twitter sehr einfühlsam formuliert wird: „Auf diese Werbung zu pinkeln könnte dein Leben ändern“. Was durchaus wörtlich zu nehmen ist, denn auf der Katalogseite ist ein Schwangerschaftstest integriert. Und ist der dann positiv, dann wird sich natürlich – wie alle Eltern wissen – das Leben der Betroffenen auf jeden Fall ändern.

Was nicht vom Ergebnis des Tests berührt wird, das ist die Diskriminierung, die darin steckt. Nämlich die aller Männer, die ja zumeist doch irgendwie in irgendeiner Form an der Grundlage für solch eine Situation beteiligt sind. Weshalb sich die Frage stellt, warum auf dieser Katalogseite aus Gründen der Gleichbehandlung nicht auch noch ein weiterer Test angeboten wird. Damit könnte jedenfalls vermieden werden, dass der Eindruck entsteht, nur Frauen hätten das Recht auf ein verbilligtes Kinderbett. Für Männer wäre das Hinterlassen eines entsprechenden Beweises auch gänzlich unproblematisch, es wäre höchstwahrscheinlich für sie und im Gegensatz zu Frauen wohl nicht das erste Mal, dass auf sie auf einer Heftseite etwas hinterlassen.

 

Käse

Seit kurzem sehe ich die Welt mit anderen Augen. Also vielleicht nicht die ganze Welt. Aber doch zumindest unser beschauliches kleines Deutschland. Und daran sind die Wahlspots und Wahlplakate schuld. Lauter sympathische Menschen sind da zu sehen und zu hören. Und sie sagen fast immer Sachen, die auch ausgesprochen viel versprechend sind. Weshalb ich mich frage, wie es sein kann, dass Politik oft so wenig zuversichtlich stimmend daherkommt, obwohl sie doch allem Anschein nach von ausgesprochen redlichen und sympathischen Menschen gemacht wird. Die für uns Bürger wirklich nur das Allerbeste wollen.

Es ist zu allergrößten Teilen ein durchaus schönes Land, das da gezeigt respektive versprochen wird. Selbst wenn ein Spot einmal in Schwarz/Weiß ist, scheint es doch immerhin ein ziemlich bunter Hund zu sein, der da verdammt kluge Sätze sagt. Und manchmal ist es sogar ausgesprochen lustig, was da jemand von sich gibt. Obwohl doch immer behauptet wird, dass wir Deutschen keinen Humor hätten. Und wohl wissend,  dass es keine perfekte Welt gibt, ich will dieses Deutschland von den Plakaten und aus den Spots haben. Schließlich habe ich mir ja auch meinen Lieblingskäse  in der Werbung ausgesucht und bin nicht enttäuscht worden. Laut Aufschrift soll sogar ein wenig Milch zu seiner Herstellung verwendet worden sein.

Werbeträger

Das ist doch eine richtig gute Idee. Jetzt einmal abgesehen von den Mega-Super-Stars wie Brad Pitt mit und ohne Angelina Jolie und Konsorten und einigen Sportlern sind doch Politiker ohne Zweifel die Spezies, die ganz besonders im Rampenlicht steht. Also zumindest wenn sie nicht jener Promi-Kategorie angehören, die nur im Sommerloch vor den Mikrofonen und Kameras auftaucht. Höchst erfolgreich hat es jetzt ja die Life-Style-Beraterin des US-Präsidenten, Kellyanne Conway, vorgemacht. Es war beste Sendezeit, ein Live-Interview. Also optimal für einen kleinen Werbeblock.

Das kann doch nur den Umsatz ankurbeln, wenn man da einmal kurz darauf hinweist, dass die Leute unbedingt die Klamotten von Trump-Töchterlein Ivanka kaufen sollen. Wo es doch unamerikanische Supermarktketten gibt, die diese Klamotten aus dem Sortiment genommen haben. Dann noch schnell der Hinweis, dass es natürlich auch einen Online-Shop für Ivankas Kreationen gibt, und man kann doch gleich wieder viel besser über so langweilige Sachen wie Politik plaudern.

Ich könnte mir vorstellen, dass unser Finanzminister Schäuble die richtige Gallionsfigur wäre, um zum Beispiel Sterbeversicherungen und andere Finanzprodukte anzupreisen. Bei Maybrit Illner beispielsweise. Warum ich gerade beim Chef des Bundeskanzleramts, Peter Altmayer, eher an Produkte von Wiesenhof denke, ist mir zwar ein Rätsel. Aber bei Frau von Storch von der AfD bin ich mir ganz sicher, dass sie bestens geeignet wäre, in einem Interview schnell mal zwischendurch für Fertigsaucen etwas Werbung zu machen. Braune Soßen für Braten zum Beispiel.

Und bei Claudia Roth besteht ja überhaupt kein Zweifel. Sie ist absolut prädestiniert, um Mode von Gudrun Sjöden unter die Menschen zu bringen. Am besten vielleicht in so fröhlich bunter Runde wie zum Beispiel beim Kölner Treff. Auf jeden Fall dürfte es nicht an Gelegenheiten mangeln. Und mit der Politikverdrossenheit wäre auch wieder Schluss. Die Menschen würden sich endlich auch Sendungen ansehen, in denen von Politikern über Politik gesprochen wird. Weil man zwischendurch auch erfahren könnte, was es gerade für Schnäppchen gibt. Und wer hat’s erfunden? Nein, nicht die Schweizer, sondern Kellyanne Conway.

Wortwahl

Klang erst ein bisschen trocken und langweilig: Wirtschaftsfaktor SPORT! So der Name einer Zeitungs-Beilage. Aber immerhin konnte man erfahren, dass zum Beispiel die Allianz Partner der „Paralympischen Bewegung“ ist, und deshalb einer der größten Versicherungskonzerne der Welt einen wichtigen Beitrag leistet, „um den Behindertensport professioneller und sichtbarer zu machen“. Mein Lieblingssatz in dieser Abhandlung, der mich übrigens zu Tränen rührte, war Resümee der nackten Zahlen hinsichtlich Umsatz, Mitarbeiter und betreuten Kunden: „Der Sport bietet dank seiner Kundennähe im emotionalen Umfeld eine gute Grundlage für den Vertrieb der Produkte.“

Was man vielleicht auch etwas direkter formulieren könnte: Die logische Konsequenz angesichts der Krüppel der „Paralympischen Bewegung“ kann nur sein, sofort eine Versicherung abschließen. Interessant auch der Hinweis, dass zehn Prozent der Allianz-Kunden und weltweit eine Milliarde Menschen mit einer Behinderung leben. Wobei ich davon ausgehe, dass da geistige Behinderungen, wie sie manche Politiker aber zum Beispiel auch hierzulande nicht wenige verängstigte Bürger zeigen, nicht eingerechnet sind. Was aber nicht daran hindern darf, dass, wie vom Fachbereichsleiter Werbung und Sponsoring der Allianz Deutschland AG avisiert, versucht werden soll, „eine Duftmarke für den paralympischen Sport zu entwickeln“.

Doch während man sich bei der Allianz jetzt wohl mit der Frage beschäftigt, wie Behinderungen riechen, will ein medialer Dienstleister seine Aktivitäten als „Vermarktungs- und Eventpartner für Sportveranstalter“ auch auf China ausdehnen. Grund sei, man wolle „digital und international“ wachsen. Worüber ich sehr lange nachdenken musste. Und ich bin zu keinem Ergebnis gekommen. Ich weiß immer noch nicht, wie man digital und international wachsen kann. Zumindest nicht, ohne an die Grenzen des sprachlichen Schwachsinns zu stoßen. Aber immerhin hat laut Aussage des zuständigen CEO die Firma dazu die Kompetenzen und „Assets“. Weshalb man daran denke in China „eigene Formate aufzusetzen“.

Wofür ich jetzt wirklich nichts kann. Das steht da so. Und hat zu der Einsicht geführt, dass es bei mir nie finanziell zum großen Durchbruch gereicht hat, weil mir ganz offensichtlich einfach das entsprechende Vokabular fehlt. Weil meine Sprache in Wort und Schrift wohl zu schlicht und zu leicht verständlich ist. Aber ich habe mir jetzt ganz fest vorgenommen, mir zumindest einmal eines der Standardwerke aus der Feder von Finanzgenie und Präsidentschaftskandidat Donald Trump zu Gemüte zu führen. Irgendetwas muss ich jetzt gegen die drohende Altersarmut tun. Schließlich weiß man ja wirklich nicht, ob uns all die Flüchtlinge nicht nur die Frauen und die Arbeitsplätze wegnehmen sondern auch noch das Hartz IV.